In unserer 360° SEO-Reihe hat Rico Melzer (Teamleiter SEO bei LEAP/) spannende Einblicke zum Launch neuer Websites, zum Umgang mit Visibility-Abfällen und zu internationalem SEO gegeben. Alle Webinare sind übrigens noch als On Demand-Version verfügbar. Auf Grund der enorm vielen Fragen, die ihr uns vor allem zum Thema internationales SEO gestellt habt, haben wir uns entschieden, die Fragen gebündelt in einem Blog-Artikel zu beantworten. Und weil Rico während der Webinare bereits 180 Minuten geballtes SEO-Know-How rausgehauen hat, habe ich ihn bei der Beantwortung der Fragen unterstützt.

Mehrsprachigkeit & hreflang:
#1: Kann der Language-Code (z.B. /de/) für die Hauptsprache weggelassen werden, oder sollte die URL-Struktur einheitlich für alle vorhanden Sprachen konsequent durchgezogen werden (/de/, /en/, /it/ etc.)?
Malte: Ich würde es konsequent für jede Sprache machen. Alles andere bietet nur Potential für Verwirrung bei Crawlern.
Rico: Ja, würde alle Inhalte immer in Sprachordnern ablegen, dies erleichtert die Zuordnung und Analyse in der Search Console. Die Startseite ist dann nur die “Verteilerseite” in einen der sprachspezifischen Ordner.
#2: Wie wichtig ist das “hreflang-tag” für die Mehrsprachigkeit? Ich habe deutschsprachige Inhalte für DE, AT und CH – reicht hreflang oder brauche ich zusätzlich Canonicals?

Malte: Hier wird unbedingt hreflang benötigt. Ein Canonical-Tag sollte jede URL nur auf sich selbst zeigen lassen.
Rico: Ja, gerade im DACH-Raum ist der Hreflang nötig, damit die “starke” DE-Seite die AT-Seite nicht überstrahlt und der “passende” Inhalt ranken kann.
#3: Ich habe nicht jeden Inhalt in jeder Sprache. Wie gehe ich damit um? Darf mein href-lang-Konstrukt Lücken haben?
Malte: Das ist egal. Wichtig ist, dass für jeden einzelnen Inhalt alle Sprachversionen dieses Inhalts untereinander korrekt über hreflang referenziert werden. Wenn Inhalt A in 3 Sprachen und Inhalt B in 25 Sprachen vorhanden ist, ist das kein Problem.
Rico: Ja, dass es nicht jeden Inhalt in allen Sprache gibt, ist kein Problem. Wichtig ist, dass es keine “toten” Verweise gibt, etwa, weil das CMS per Default immer die gleichen 5 Sprachen referenziert. Unterm Strich wäre der Hreflang auch nur für die Sprachen nötig, welche “potentiell puplicate” sind, also DE/AT/CH/LI oder GB/US/AU/CA/NZ oder ES/MX/VE/CU/AR.
#4: Wie sieht es mit Duplicate Content bei gleichsprachigen Inhalten (ch, de, at) aus?

Malte: Mit korrekter hreflang-Integration gar kein Problem. Ohne href-lang kann es passieren, dass die DE-Version in AT rankt; oder umgekehrt. Gerade im eCommerce kann das Ranking der falschen Landesversion ein großer Traffic- und Umsatzkiller sein.
Rico: Ja, DE/AT/CH sind gleichsprachig, aber dennoch gibt es sprachliche Unterschiede (Tomaten vs. Paradeiser), welche Beachtung finden müssen, um eine “gute” Übersetzung/Lokalisierung, in den Augen einer Suchmaschine darzustellen.
Domains, Subdomains, Ordner & TLDs:
#5: Welche URL-Struktur ist zu empfehlen? Sollen Sprachen als Unterverzeichnisse oder als Subdomains angelegt werden? Nehme ich eine Domain oder viele?

Malte: Ich glaube die Frage hat Rico im Webinar (hier als Ondemand-Version abrufbar) sehr gut beantwortet. Für eine ausführliche Antwort in Text-Form empfehle ich diesen Guide für Internationals SEO von Andre Alpar.
Rico: Je nach Anwendungsfall und Setup ist die optimale Lösung eine andere.
#6: Es gibt doch sicher mandantenfähige CMS, um aus einem Backend separate Sprachinhalte an sprachlich getrennte TLDs auszusteigen, oder?
Malte: Enterprise Content Management Systeme wie der Adobe Experience Manager unterstützen so etwas. Für den kleineren Geldbeutel gibt es auf WordPress basierende Lösungen wie WPMU.
Rico: Je nach CMS gibt es verschiedene Lösungen, um aus einem Backend verschiedene TLDs zu steuern. Für WordPress gibt es seit Jahren “Multi Domain/Multisite” Lösungen, welche für Hreflang nur angepasst werden müssen.
#7: Wie genau verstärkt sich SEO gegenseitig bei einer Domain mit Unterverzeichnis? Erkennt Google bspws. Anhand vieler Klicks die Vertrauenswürdigkeit und Relevanz der Domain in Land X und schließt daraus, dass es auch in Land Y als vertrauenswürdig gilt?

Rico: Die Unterverzeichnisse einer Domain stärken sich vor allem durch eine gegenseitige Verlinkung. Für den Anwendungsfall “Sprache” ist es vor allem der “Sprachumschalter” auf jeder Seite, welcher per klassischem HTML-Link die genau gleiche Seite in allen vorhandenen Sprachen verlinkt. Sind die “Sprachverzeichnisse” ohne eine crawlbare “Verbindung”, dann sind diese nur “Inseln”, die sich nicht gegenseitig stützen können.
Viele Klicks, gute “User Signale”, steigende Brand-Searches und breit gefächerte Traffic-Quellen stärken vor allem die Domain als solche. Werden auf einer solchen Domain dann weitere Sprachen gelaunched, dann haben diese eine bessere Startvoraussetzung, als auf einer völlig neuen Domain.
#8: Wie ist denn das SEO betroffen bei .eu Toplevel Domains im Vergleich zu .me?…
Rico: .eu und .me sind beides ccTLDs, also Domains, welche je einem geografischen Raum zugeordnet sind. Ohne zusätzliche Einstellungen wie Hreflang, Search Console etc. ist es für Webmaster schwierig die Inhalte dieser Domains außerhalb der definierten Geo-Zonen ranken zu lassen.
Somit kann es problematisch sein, sich eine “wohlklingende” Domain mit einer .tv, .me, .it oder .es (werstreamt.es) TLD zuzulegen. Hier sind weitere Signale nötig, um die Domain außerhalb ihres Geo-Raumes zum ranken zu bringen.
Neue TLDs wie .berlin und .bayern sind keine ccTLDs, sondern generische gTLDs wie .com. Diese benötigen weitere Ranking- und Vertrauenssignale um ranken zu können, siehe Searchmetrics Ranking-Analyse von 2015.
Ist der gleichzeitige Einsatz von GEO IP (für Nutzer) und hreflang (für Google) möglich? Bei einem Projekt ignoriert Google die GEO IP, was auch nicht verwunderlich ist, da Google aus z.B. USA crawlt. Die hreflang Tags, die zusätzlich als Hilfestellung für Google eingefügt wurden, werden von Google nicht gefunden und auch nicht als Fehler in der GSC angezeigt.
Rico: In diesem Fall scheint das Problem zu sein, dass der Google-Crawler durch die strikte GEO-IP Lösung, die anderen sprachlichen Varianten garnicht crawlen kann, da die US-IP des Crawlers immer nur die US-Version anschauen “darf”.
Falls es Länderverzeichnisse auf der Domain gibt, kann man diese in der Search Console dem entsprechenden Land zuordnen und so ein Crawling mit “lokaler“ IP forcieren.
Globalisierung & Lokalisierung
#9: Wenn ich in Deutschland eine Domain X habe und eine komplett neue Brand kreiere für beispielsweise Amerika (Identischer Content, aber übersetzt, neue UX…) benötige ich dann noch ein Ländermarkup?
Malte: Nein, das ist nicht notwendig. Das Ländermarkup wegzulassen kann sogar helfen die Website für die neue Brand schneller hochzuziehen; was durchaus mehr Wert sein kann als eine 100% saubere SEO-Arbeit. Insbesondere wenn UX und Strategie abweichen, sehe ich bei DE und EN keinen großen Bedarf für href-lang. Zieht man einzelne Marken in AT und DE oder in US und UK mit (fast) gleichen Inhalten hoch, würde ich definitiv zu href-lang raten.
Rico: Nein, für Brands mit einem völlig verschiedenen Inhalt, Aufbau, Schwerpunkt und USP, ist es nicht sinnvoll Hreflang zu implementieren. Nur bei im engeren Sinne “gleichen” Inhalten und Strukturen ist es sinnvoll und nötig den Hreflang zu implementieren, da hier die Duplicate-Content Gefahr am größten ist. Wenn es alles “anders” ist, besteht diese Gefahr nicht.
#10: Hast du Erfahrungen mit dem Übersetzungsprogramm Deepl?
Malte: Ja. Ich benutze DeepL ständig. Allerdings nicht für SEO.
Rico: DeeplL ist eine sehr sehr gute Übersetzungs-Lösung, welche mittlerweile eine Premium-Version hat, welche auch von größeren Webseiten genutzt wird, um Inhalte mit überschaubarem Aufwand in andere Sprachen zu lokalisieren und dabei nicht auf Google Translate zurückzugreifen ;-)
#11: Was mache ich wenn in einem Land meine Wunsch-Domain schon weg ist? Zum Beispiel Markenname.ru?
Malte: Diese Frage geht meiner Meinung nach weit über SEO hinaus. Ich war schon in Konzernprojekte involviert wo in solchen Fällen entweder tief ins Portemonnaie gegriffen oder die Anwälte losgeschickt wurden. Wenn ich keine international Marke aufbauen möchte, ist es kein Beinbruch lokal auch mal auf eine andere Marke auszuweichen.
Rico: Ergänzend kann man dazu sagen, dass es für dieses Land evtl. eine andere freie Variante gibt oder man die Verschiedenheit ganz bewusst für seine lokale Kommunikation nutzt.
Wenn ich in Deutschland hoste und firmiere, muss ich mich dann nur an die deutsche Rechtsprechung halten?
Rico: Als “deutsche” Firma gehöre ich nicht nur dem deutsche Rechtsraum an, sondern bin gleichzeitig in der EU verankert und muss somit die EU-Gesetzgebung beachten. Würde ich “Dienstleistungen” per striktem GEO-Blocking nur DE-IPs zugänglich machen und nur an DE-Adressen verschicken, dann ist diese “Einschränkung” evtl. nutzbar. Im Zweifel sollte aber ein erfahrener Jurist zu Rate gezogen werden, da dieser mit der aktuellen Gesetzeslage vertraut ist und eine entsprechende Rechtsberatung geben darf.
#12: Brauche ich für jedes Land ein eigenes Profil in Google Analytics und der Google Search Console?
Malte: Ich würde alle Google Analytics Daten in einem Property haben wollen und dann über Views auf einzelne Länder filtern. Innerhalb einer Domain mehrere Properties zu verwenden fände ich sehr verwirrend.
In der Google Search Console macht es definitiv Sinn einzelne Properties anzulegen. Allein schon weil man so teilweise Limitierungen umgehen kann, die die Anzahl der angezeigten Daten betreffen.
Rico: Dem ist nichts hinzuzufügen :-)
#13: Wie lokalisiere ich Content? Einfach nur übersetzen? Muss USA-Content für UK angepasst werden?
Malte: Lokalisierung ist absolut notwendig! Es gibt viele sprachliche Besonderheiten, zum Beispiel wood vs forrest. Diese müssen berücksichtigt werden damit die lokale Zielgruppe sich gut abgeholt fühlt. Das bedeutet auch, dass ich deutsche Inhalte nicht einfach auf Englisch übersetzen kann, sondern sie auch immer noch für die USA, UK oder Australien lokalisieren muss.
Rico: Ähnliche “Besonderheiten” gibt es ja schon im deutschsprachigem Raum (siehe oben), wodurch eine “gute” Lokalisierung auf diese Feinheiten eingeht und sich damit von der “Konkurrenz” abheben kann bzw. dem User in den lokalisierten Märkten zusätzliche Vertrauenssignale sendet.
#14: Ist der Google-Algorithmus in allen Ländern gleich?
Malte: Grundsätzlich habe ich das Gefühl, dass Google sich immer mehr dahin entwickelt Updates global auszurollen. Das letzte große Beispiel war der Rollout von Video-Karusellen für Desktop-Suchen. Natürlich gibt es auch besondere Features wie zum Beispiel Google Jobs, die je nach Land ausgerollt werden und nicht global zur Verfügung stehen.
Wichtig ist dabei, dass viele Maschine Learning basierte Ansätze in großen Ländern wie den USA oder Deutschland besser funktionieren als in kleinen Ländern wie Norwegen. Die geringere Datenmenge was Suchanfragen, Nutzersignale und dokumentierte Sprache, usw. angeht führt dazu, dass Google nie so gut im Verständnis von Norwegisch sein wird wie im Verständnis von Englisch.
Rico: Nein, nicht alle Märkte haben für Google die gleiche Relevanz und zwischen den Märkte gibt es große Unterschiede beim SPAM-Risiko und den missbräuchlichen Techniken, die Webmaster nutzen.
#15: Wie optimiere ich für Baidu, Yandex, Naver und Seznam?
Malte: Ich empfehle die Blog-Serie meines Kollegen Marcus Pentzek über SEO für Baidu.
Rico: Andere Märkte andere Sitten – gerade für diese Bereiche und Nischen gibt es eigene Tools, Blogs und Tipps.
#16: Muss ich international auf andere Browser oder Endgeräte optimieren als in Deutschland?
Malte: Absolut! Je nach Land können mobile Endgeräte deutlich verbreiteter sein als in Deutschland. Insbesondere in Afrika und Asien gibt es viele Menschen , die deutlich häufiger ein Smartphone als einen Desktop-Computer benutzen.
Rico: Ganz genau, eine Verschiedenheit der genutzten Browser und Endgeräte gibt es oft nicht nur zwischen verschiedenen Ländern, Kontinenten und Kulturräumen, sondern auch zwischen verschiedenen Branchen und Nutzergruppen innerhalb eines Landes.
Internationales Linkbuilding
#17: Wie baue ich international Backlinks auf?
Malte: Ein guter Ansatz ist Content Marketing über Inhalte, die sprach- und landes-übergreifend funktionieren. Dazu benötigt man a) ein Thema, das in allen Zielländern funktioniert und b) ein Format, dass nicht zu sprach-abhängig ist. Wenn man zum Beispiel gute Bilder hat, die ein globales popkulturelles Phänomen aufgreifen, können diese in mehreren Ländern funktionieren und entsprechend auch Backlinks aus diesen Ländern anziehen.
Rico: Auch hier gibt es zwischen Ländern und Branchen große Unterschiede, die es zu beachten gilt. Erfahrene Agenturen für eine internationale Domain-Popularität können in diesem Fall sehr gut unterstützen.
#18: Ich habe viele Backlinks, die auf meine deutschsprachigen Inhalte zeigen. Wie kann ich diese Backlink-Power am besten für meine neue spanische Webpräsenz nutzen?
Rico: Wenn es bisher nur DE-Links von DE-Seiten auf DE-Inhalte gibt, dann kann die ES-Version nur durch den sog. Sprachumschalter gestützt werden, d.h. im Header gibt es einen Link von der DE-URL zum entsprechenden Pendant in ES.
#19: Ich habe eine brand.com-Domain und Unterordner wie brand.com/de/, brand.com/ru/, usw. Jetzt kommen immer mehr Backlinks aus Russland. Unsere SEO-Agentur in Russland sagt, das muss so sein. Können sie damit meinem Ranking in Deutschland schaden?
Rico: Links aus RU sind per se nicht schlechter als andere Links, da es auch dort viele gute Domains mit hoher Relevanz und Autorität gibt. Jedoch sollten die “Einzelfälle” geprüft werden, denn der Anstieg der RU-Links kann durch eine steigende Popularität und Relevanz in RU zustande kommen oder durch einen missbräuchlichen Linkaufbau über SPAM-Seiten. Im zweiten Fall sollen diese Links mit einem Disavow versehen werden und dies umso rascher, je engmaschiger die Verlinkung zwischen den verschiedenen Sprachverzeichnissen ist, um Kollateralschäden zu vermeiden.