Die Hälfte aller Suchanfragen bleibt ohne Klick durch die Nutzer; und nur gut 40% der Suchanfragen führen zu einem organischen, unbezahlten Website-Aufruf. Diese Zahlen hat Moz-Gründer Rand Fishkin in einer neuen Analyse vorgelegt. Grund für uns, sich ein paar ausgewählte SERPs aus den USA einmal genauer anzuschauen – und welche SERP Features besonders intensiv ausgespielt werden.
Ihr wollt die Verbreitung von SERP Features für verschiedene Suchmaschinen, Devices, Länder und Domains analysieren? In unserer Research Cloud könnt ihr alle wichtigen SERP-Integrationen wie Videos, Knowledge Panels, Featured Snippets, Google Jobs & Co. on demand selbst analysieren. Alle Infos:
Nur 40% der Suchanfragen führen zu einem organischen Klick
Wer in letzter Zeit mal Vorträge oder Blogposts von Rand Fishkin gesehen bzw. gelesen hat, wird mitbekommen haben, dass es gerade in Bezug auf Klickzahlen in den Google SERPs viel Bewegung innerhalb der letzten 3 Jahre gegeben hat und die These, dass Google sich zu einer Antwortmaschine transformiert, eine ganz reale Bedeutung bekommt. Immer häufiger müssen Nutzer das Google-Universum nicht mehr verlassen, wenn sie eine Suchanfrage haben. Sie müssen keine externe Website mehr besuchen, weil Google die Antwort selbst liefert. Der Suchmaschinenkonzern wird einfach immer besser darin, Inhalte zu kuratieren und Nutzern die passende Antwort direkt zu liefern, die zumindest für den ersten Eindruck für viele Nutzer ausreicht.
Ein neue Analyse von Rand zeigt sehr interessante Zahlen. Die Daten, die Rand für seine Analyse nutzt, bekommt er von der Analytics-Software Firma Jumpshot, die Click-Through-Rates für verschiedene SERP-Metriken wiederum über Browser-Extensions sammelt. Die Daten basieren auf US-Zahlen, die einen guten Eindruck davon vermitteln können, was hierzulande noch zu erwarten ist.

Basis für die Infografik sind US-Daten aus dem 1. Quartal 2019, die Vergleichswerte für die letzten 3 Jahren stammen ebenfalls von Rand Fishkins Berechnungen:
- 49% aller Suchanfragen führen nicht zu einem Klick; eine Steigerung um 12% im 3-Jahres-Vergleich
- 41% aller Suchanfragen führen zu einem Klick, zu einer organischen, unbezahlten Dritt-Website; ein Rückgang um 13% im 3-Jahres-Vergleich
- 5,9% aller Suchanfragen führen zu Klicks, zu Google-eigenen Angeboten, etwa YouTube, News, Maps etc.
- 3,6% aller Suchanfragen führen zu externen Paid-Klicks; Google hat die CTR zu Paid Ads um 75% steigern können
- Google hat in den vergangenen drei Jahren seinen Profit um 47% steigern können.
Ich arbeite gerade an einer Analyse für ein amerikanisches Science-Magazin und habe mir exemplarisch die SERPs für einzelne Keywords angeschaut. Das veranschaulicht sehr gut, was derzeit in den SERPs bei Google.com passiert, in Deutschland aber noch nicht wirklich greifbar ist. Dies möchte ich heute gern mit euch teilen.
Um lokale Suchanfragen durchführen zu können, habe ich das Tool von Valentin Pletzer benutzt und dann über die Chrome-Entwicklertools die Smartphone-Ansicht (iPhone 7) eingestellt.
SERP-Detailanalyse für die Suchanfrage “Crohn’s Disease”
Eine Suchanfrage zu Crohn’s Disease (Morbus Crohn), spielt in den USA auf dem Smartphone diese Suchergebnisseite aus. Wie gewohnt, ist Above-the-Fold ein prominenter Anzeigenbereich zu sehen:
Was folgt, ist ein Knowledge Panel zum Thema Crohn’s Disease. Diese Knowledge Panel für gesundheitsbasierte Suchanfragen im englischsprachigen Raum sind nicht mit einem gewöhnlichen Knowledge Graph mit rudimentären Kerninformationen zu vergleichen, wie wir ihn aus Deutschland kennen. Was mir als erstes auffällt: Das Knowledge-Panel-Menü (Overview, Symptoms, Treatments) ist sticky auf der Suchergebnisseite – bleibt also im Head-Bereich stehen, wenn ein Nutzer nach unten wischt.
Der Knowledge Panel besteht aus vier Teilen:
- Menü (sticky) – Klick führt nicht zu Drittseiten
- Infografik – Kein Klick nötig
- Definition – Kein Klick nötig
- Spezifikation/Beschreibung – Kein Klick nötig
Dann folgt auf der SERP zu Crohn`s Disease eine Box mit “Related conditions” – ähnlichen Krankheiten also, die beim Klick eine neue Suchergebnisseite öffnen. Wenn der User hier also klickt, landet er auf einer neuen SERP – und nicht auf einer Drittseite.
Darunter folgt dann die “People also ask”-Box. Hier bietet Google zum ersten Mal eine Klickmöglichkeit zu Drittseiten in den organischen Ergebnissen, die keine Ads sind. Ihr seht, das Menu der Knowledge Panels versucht, mich enorm zum internen Klicken anzuregen.
Gefolgt wird die SERP zu Crohn`s Disease von den Infoboxen “Symptoms and Treatments”. also Informationen zu Symptomen und Behandlungsmöglichkeiten. Wenn ein Nutzer klickt, bleibt er aber auch hier zunächst auf der SERP – und das Knowledge-Panel-Menü ist weiterhin im sichtbaren Bereich.
Erst danach starten die organischen Resultate (Top Results); wir sind hier ungefähr bei der Hälfte der SERP angelangt, mussten aber bereits mehrfach scrollen. Hier kann der User per Klick dann direkt auf einer Drittseite landen:
Unterbrochen werden die organischen Top Results zur Suchanfrage Crohn`s Disease dann noch von einer News-Box, die ebenfalls Klicks auf Drittseiten ermöglich. Ihr seht, das sticky Menü des Knowledge Panels ist noch immer da:
Darunter folgt eine “Related Search Box”, die den User beim Öffnen zu einer Antwortbox führt. Im Grunde wird auch hier zunächst kein externer Klick generiert; erst, wenn die Box geöffnet ist, findet der Nutzer eine Klickmöglichkeit zu der externen Website, von der Google das Snippet für die Antwortbox gezogen hat:
FAZIT: Dieses Beispiel zeigt schon fast in Perfektion, wie Google selbst den Intent der Suchanfrage “Crohn`s disease” befriedigt – und viele User keine weitere externe Website anklicken und besuchen müssen, da bereits alle relevanten Informationen von Google bereitgestellt werden.
SERP-Detailanalyse Deutschland: Morbus Crohn
Schauen wir uns zum Vergleich auf die deutsche SERP für diese Krankheit, “Morbus Crohn“. Der Above-the-Fold-Bereich ist ebenso wie in den US-SERPs mit Anzeigen belegt.
Anschließend folgt ein Featured Snippet, bei dem ein relevantes Exzerpt einer von Google erwählten Website dargestellt wird. Hier ist zunächst prinzipiell kein Klick nötig; falls der Nutzer doch klickt, landet er aber auf einer Drittseite. Anschließend folgen die gewohnten organischen Resultate:
Die SERP geht weiter mit einer “Nutzer fragen auch”-Integration, welches bei Klick ein weiteres Featured Snippet generiert. Wieder ist zunächst kein Klick nötig, da die Information direkt an den User geht, aber wenn der User klickt, landet er auf einer Drittseite.
Am Ende der SERP findet sich eine Box mit “Ähnlichen Suchanfragen” – bei einem Klick landen Nutzer auf einer neuen Suchergebnisseite zur gewählten Suchanfrage.
FAZIT: In der deutschen SERP sehen wir heute deutlich weniger Anstrengungen von Google, den User in der SERP zu halten und die Fragen selbst zu beantworten.
SERP Features Overview: USA vs. Deutschland im Gesundheitsbereich
Schauen wir auf das Big Picture und vergleichen die Anzahl der auffälligen SERP Features im Gesundheitsbereich und die Integrationen „Related Questions“, „Featured Snippets“ und „Knowledge Panel“ für die US-Ergebnisse von Google.com mit den deutschen Ergebnissen von Google.de.
Hier fällt – am Beispiel von healthline.com – auf, dass in den US-Suchergebnissen im Gesundheitsbereich eine Vielzahl von Suchanfragen mit Related Questions (90,40%) , Featured Snippets (57,49%) und Knowledge Panel (49,35%) bespielt werden.
In Deutschland – nun basierend auf dem Keywordset von apotheken-umschau.de – sehen wir deutlich geringere Integrationen von Related Questions (74%), Featured Snippets (42%) und Knowledge Panels (nur 28%).
Keyword “iPhone X”: Wie Google seine Revenue aus den SERPS steigert
Ein anderes Beispiel habe ich aus dem Bereich eCommerce. Dieses Beispiel zeigt meines Erachtens recht deutlich, wie Google sein Anzeigen-Business perfektioniert hat und Klicks auf Product Listing Ads verschiebt. Hier habe ich das Keyword iPhone X und dessen Suchergebnisseite am Smartphone untersucht.
Was wir sehen, sind zwei Anzeigen, gefolgt von einem als Knowledge Panel getarnten Product-Listing-Ad-Ökosystem:
Bleiben wir aber bei dem als Knowledge Panel getarnten Product-Listing-Ad-Ökosystem. Hier schafft es Google, den User im komplett sichtbaren Bereich, durch dieses Ecosystem klicken zu lassen und dann auf Drittseiten einzukaufen – mit diesen Klicks auf Drittseiten verdient Google dann seinen Taler. Das Menü beinhaltet vier verschiedene Tabs “Overview, Stores, Details & Reviews”. Zudem gibt’s hier Produktbilder, eine Link zu Apple und unter “Shop Now” Filtermöglichkeiten (Farbe, Speicher etc.) inkl. Links zu Händlern.
Klickt ein User den Tab “Stores”, zeigt Google ein Listing von verschiedenen Anbietern mit Preis und Lieferbedingungen. Die Klicks führen hier auf Händlerseiten – bei jedem Klick, verdient Google.
Im nächsten Tab “Details” landet ein User auf Spezifikationen des iPhones:
Wie der nächste Tab “Reviews” schon sagt, landet der User auf Reviews. Hier bindet Google sehr prominent verschiedene Review-Quellen ein, die auch zu einem organischen, unbezahlten Klick auf die entsprechende Drittseite anregen. Interessanter sind die darunter liegenden Elemente – zum einen die Search Bar, zum anderen Common Search Buttons:
Klickt der User darauf, kann nach bestimmten Themen und Keywords in den Reviews gesucht werden. Allerdings liegen die 13.000 hier gelisteten Reviews bei Google – und führen nicht zu Drittanbietern.
Wenn wir diese Symbiose aus Knowledge Panel und Product Listing Ads verlassen, besteht die SERP danach aus organischen Ergebnissen, der “People also ask”-Box und Top Stories. Interessanter wird es dann erst wieder am Ende der SERP – mit einem Produktvergleichs-Widget:
Eine weitgehend ähnliche SERP finden wir auch in Deutschland. Dennoch lohnt sich ein Blick auf die einzelnen mobilen SERP Feature – in den USA mithilfe des Keywordsets von amazon.com, sowie in DE anhand des Keywordsets von amazon.de. So finden wir in den US-SERPs, auf dem Keywordset von amazon.com, in 50% der Fälle auch Knowledge Panels – auf der Hälfte der Suchanfragen, für die amazon.com rankt, spielt Google also ein Knowledge Panel in den Suchergebnisssen aus. Product Listing Ads sehen wir bei nur 15%, klassische, textbasierte AdWords-Anzeigen ganz oben gibt’s für 27% der Keywords.
In den deutschen, mobilen Suchergebnissen sehen wir eine weitaus geringere Zahl an entsprechenden SERP Features auf dem Keyword-Set von amazon.de. Die Knowledge Panels spielt Google in knapp 22% der Suchanfragen aus, für die amazon.de in Deutschland mobil rankt. Ähnliche Werte wie in den USA finden wir im Paid-Search-Bereich – Product Listings Ads werden für 16% der Suchanfragen angezeigt, für die Amazon in Deutschland mobil rankt; AdWords oben gibt es für 25% der Keywords.
FAZIT: Google übernimmt die komplette Beratung und unterstützt den Nutzer bei der Kaufentscheidung. Dabei werden nur wenige Möglichkeiten für externe Websites angeboten, organischen, unbezahlten Traffic zu generieren. Stattdessen bietet Google viele Informationen aus dem permanten Scraping des Webs sowie der Analyse des Nutzerverhaltens, kann die wichtigsten Infos von Drittseiten als Snippets implementieren und zahlreiche Informationsbedürfnisse, Problembereiche und Nutzerfragen aufgrund des riesigen Datenpools selbst ermitteln und dem Nutzer präsentieren, ohne dass dieser das Google-Universum verlassen muss. Außer für den konkreten Kauf natürlich – diese externen Klicks allerdings müssen Drittseiten bei Google bezahlen.
Googles Weg zur Antwortmaschine
Die gezeigten Keyword-Beispiele aus dem Gesundheits- und eCommerce-Bereich unterstreichen die Zahlen, die Rand Fishkin veröffentlicht hat. Google arbeitet stark daran, den User auf der eigenen Plattform zu binden, direkte Antworten zu geben und Kaufentscheidungen zu beeinflussen. Sicherlich sieht Google teilweise ein ungehobenes Potenzial von Websites, Inhalte schnell und strukturiert an den User zu bringen und den User über eine vernünftige Customer Journey zu befriedigen. Aber meiner Meinung nach ist die Entwicklung selbstverständlich der starken Nutzung von Smartphones und damit einem neuem Suchverhalten, aber auch der Vorbereitung Googles auf Technologien wie Voice & Visual Search zurückzuführen.
Bei informationsbasierten Anfragen, wie im Beispiel Morbus Crohn, muss Google die Informationen strukturiert darstellen um dem User eine schnelle und befriedigende Antwort zu liefern. Google kann den User – Stand heute – via Voice Search nicht auf eine Webseite schicken. Der Nutzer erhält die Antworten direkt verbal (+visuell mit Screen) vom Google Assistant auf dem Mobile Phone oder dem Google Home. Das Bereitstellen der von Informationen in dieser Weise ist der große Vorteil Googles gegenüber Amazon.
Die Art und Weise, wie Google das Beispiel iPhone X bespielt, ist ebenfalls wichtig, um den Kampf gegen Amazon und deren Voice Assistant Amazon Echo nicht zu verlieren. Denn der Vorteil von Amazon Echo gegenüber Google Home ist der massive Marktplatz dahinter, dessen Produkte (theoretisch) einfach über Alexa einzukaufen sind. Dies kann Google heute nur über die Optimierung der Product Listing Ads und dessen Feed garantieren.
Theoretisch könnte Google in Zukunft von einem klickbasierten Bezahlmodell zu einer Marktplatz-Gebühr wechseln, wie jeder andere Marktplatz auch, oder eine Kombination aus beidem – je nachdem, was lukrativer ist.
Wir stehen zudem am Anfang der kommerziellen Nutzung von Visual Search Technologien. Amazon hat bereits mit Snapchat kooperiert, Google startet mit Google Lens und zeigt dort schon Produkte aus seinem Feed an, wenn ich meinen Nike Air Max Schuh fotografiere und hochlade. Doch effizient kann Google nur mit seinem Product Feed auf den eCommerce-Zug mit Visual Searchaufspringen, da Google hier alle relevanten Informationen inkl. hochauflösenden Bildern zur Verfügung gestellt bekommt und diese automatisiert auspielen kann.
Was Rand Fishkin als Zahlen präsentiert, ist meiner Meinung nach erst der Beginn. Mit der weiteren, technologischen Entwicklung und der damit zwingenden Evolution von Search und SEO, werden sich diese Zahlen in den nächsten drei Jahren sicher noch stärker verschieben. Spannende Zeiten also? Ich freue mich auf die Diskussion mit Euch in den Kommentaren.
Ihr wollt die Verbreitung von SERP Features für verschiedene Suchmaschinen, Devices, Länder und Domains analysieren? In unserer Research Cloud könnt ihr alle wichtigen SERP-Integrationen wie Videos, Knowledge Panels, Featured Snippets, Google Jobs & Co. on demand selbst analysieren. Alle Infos: