Die Verschlüsselung von Webseiten könnte tatsächlich Vorteile mit sich bringen – aus SEO- und aus User-Sicht (Stichwort: Vertrauen). Nachdem Google im August 2014 angekündigt hatte, die sichere Verschlüsselung als offizielles Ranking-Signal zu bewerten, konnten wir in unserer Analyse jetzt erstmals leichte positive Effekte erkennen. Unsere aktuellen Auswertungen lassen den Schluss zu, dass bislang unverschlüsselte Seiten durch HTTPS einige Prozentpunkte an SEO Visibility zulegen können.
Damals war nicht nur ich über dieses klare Google-Statement erstaunt, weil es sehr selten ist, dass ein spezieller Aspekt offiziell als Ranking-Signal bezeichnet wurde. Zunächst seien HTTPS-Seiten als leichtes Ranking-Signal zu verstehen, das 1% der weltweiten Suchanfragen betreffen sollte. Doch künftig – so Google im August 2014 – könnte die Gewichtung des HTTPS-Faktors möglicherweise verstärkt in die Berechnung der Rankings einfließen. Ziel dieser Offensive pro HTTPS ist laut Google, das Netz sicherer machen zu wollen. Ich möchte hier nicht weiter ansprechen, was vielleicht außer der altruistischen Netzsicherheit noch dahinter stecken mag. Ich möchte viel lieber zeigen, welche Rückschlüsse aus den Daten zu ziehen sind.
Kurz nach der Ankündigung von Google im August 2014 haben wir bereits eine erste Analyse durchgeführt, ob verschlüsselte Seiten besser ranken. Die Frage, ob Webmaster, die ihre Seiten auf HTTPS umstellen, tatsächlich mit einem SEO-Boost rechnen können, mussten wir damals verneinen. Die Visibility-Fluktuation bezüglich HTTP vs. HTTPS kurz nach der Google-Ankündigung lag nicht im signifikanten Bereich.
Noch einmal zum Hintergrund: Das ist TLS/SSL
Als Verschlüsselungsprotokoll für HTTPS-Webseiten dient TLS (Transport Layer Security), ebenfalls bekannt unter der Vorgängerbezeichnung SSL, das für Secure Sockets Layer steht. Das Protokoll soll eine sichere Verbindung beim Zugriff auf eine Webseite gewährleisten. Damit wird nicht die Webseite selbst verschlüsselt, sondern die Verbindung. Das TLS/SSL-Zertifikat verwendet einen Sitzungsschlüssel, der den Datenfluss zwischen Server und Client einer statischen Domain verschlüsselt.
Normaler HTTP-Website-Traffic ist dagegen unverschlüsselt. Jeder Server, den Traffic auf dem Weg zum Server der Webseite passiert, kann die Daten auslesen. So erhalten Analyse-Tools zum Beispiel die Keyword-Abfrage. Wenn eine besuchte Seite nun HTTPS verwendet, sind die Daten verschlüsselt, sodass theoretisch nur der User und die Webseite, die er besucht, sehen kann, was er auf der Seite macht.
Eine Verschlüsselung ist in der URL-Browserleiste durch ein Schloss, den grünen (Firmen-)Namen und in der URL durch „https“ statt „http“ erkennbar:
HTTPS-Verschlüsselung trägt zu SEO-Visibility bei
Um den Zusammenhang zwischen Verschlüsselung und Visibility analysieren zu können, haben wir uns die durchschnittliche SEO Visibility HTTP und HTTPS angeschaut – und zwar auf URL-bzw. Verzeichnis-Basis. Denn es ist ja möglich, dass auch nur bestimmte Domainbereiche verschlüsselt sind und andere nicht.
Basis der Betrachtung ist ein Set aus 30.000 ausgewählten Keywords, die wir durchgehend seit zweieinhalb Jahren – seit August 2012 – beobachten.
SEO Visibility: HTTPS vs. HTTP-Webseiten
Kurz zur Erklärung des Diagramms: Die schwarze Linie stellt den Unterschied in der durchschnittlichen, standardisierten SEO Visibility zwischen HTTPS- und HTTP-Webseiten dar, die graue Fläche das zugehörige Konfidenzintervall von 99%. Seit der Google-Ankündigung im August 2014 (rote Vertikallinie) bewegt sich die Kurve ausschließlich im positiven Bereich – und weist nun einen immer deutlicher werdenden Trend nach oben auf. Dies bedeutet, dass der Vorteil, den wir in diesem Zusammenhang für die SEO Visibility von HTTPS-Webseiten erkennen, mittlerweile statistisch signifikant ist.
Brands unter HTTPS-Seiten mit gewonnener SEO Visibility
Schauen wir uns als Beispiele einzelne HTTPS-URLs von Domains in verschiedenen Branchen an – und ihren Gewinn an Visibility, den sie auch durch die Verschlüsselung erzielt haben könnten:
HTTPS-URLs: Anstieg der SEO Visibility durch Verschlüsselung
URL | SEO-Visibility 18.1.15 | Visibility-Anstieg in % |
apple.com/iphone/ | 23436 | 5% |
commonsensemedia.org/ | 171524 | 2% |
sciencenews.org/article/ | 3777 | 2% |
etsy.com/browse/vintage-category/ | 3042 | 2% |
spotify.com/ | 23904 | 1% |
bandcamp.com/ | 221559 | 1% |
microsoft.com/com/ | 8535 | 1% |
Die iPhone-Site von apple.com hatte Stand 18. Januar 2015 eine SEO Visibility von 23.436; die Verschlüsselung hatte daran einen Anteil von 5%. Auch die ermittelten HTTPS-Webseiten von Brands wie Spotify oder Microsoft haben an Sichtbarkeit gewonnen. Diese Zahlen bieten eine ungefähre Einordnung, in welchen Größenordnungen der Gewinn an SEO Visibility durch Verschlüsselung ausfallen kann.
Möglicher Einfluss anderer Faktoren
Festzuhalten bleibt, dass auf unseren Daten nun erstmals ein positiver Zusammenhang von Verschüsselung und SEO Visibility zu erkennen ist. Unsere Statistiker haben alle anderen Einflüsse soweit wie möglich reduziert, jedoch können auch weitere Einflussfaktoren nicht völlig ausgeschlossen werden. Schließlich ist der Suchmaschinen-Algorithmus hochkomplex; bei Hunderten von Ranking-Signalen lässt sich ein einzelner Faktor nie völlig destillieren.
Weil unsere Analyse zeigt, dass auch Brands in der SEO Visibility gestiegen sind, muss in Betracht gezogen werden, dass nicht nur die Verschlüsselung den Anstieg verantwortet. Schließlich gilt ein genereller „Brand-Faktor“; die Korrelation zwischen Brands und Rankings haben wir etwa in unserer Studie zu den Ranking-Faktoren 2014 untersucht.
Diese Seiten könnten potenziell durch HTTPS-Verschlüsselung zulegen
Was URLs ohne Verschlüsselung möglicherweise gewinnen, wenn sie auf HTTPS setzen würden, haben wir ebenfalls ermittelt. Der potenzielle Zuwachs an Visibility beträgt in diesen ausgewählten Beispielen bis zu 5 Prozentpunkte.
HTTP-URLs: Wie unverschlüsselte Domains zulegen könnten
URL | SEO-Visibility 18.1.15 | Möglicher Visibility-Zuwachs durch HTTPS |
store.sony.com/ | 46231 | 5% |
cheapoair.com/ | 21646 | 5% |
theguardian.com/ | 1162977 | 1% |
allmusic.com/ | 625755 | 1% |
food.com/ | 345654 | 1% |
expedia-aarp.com/ | 6244 | 1% |
ebay.com/ | 2602631 | 0,5% |
Ein halbes Jahr nach der Google-Ankündigung, HTTPS-Seiten als Ranking-Signal zu betrachten, können wir festhalten: Webseiten, die bereits eine entsprechende Visibility aufweisen, können von einer Verschlüsselung profitieren. Ein Wachstum von einigen Prozentpunkten an SEO Visibility ist möglich, aber keineswegs sicher.
Während ein Zuwachs an Visibility nicht garantiert ist, darf ein Gewinn an Nutzervertrauen angenommen werden. Schließlich stellt die Verschlüsselung ein Trust-Signal für User dar – der grüne Name und das Schloss in der URL-Browserleiste können Vertrauen in die Seite erhöhen und die Absprungrate möglicherweise verringern (zugunsten einer damit wahrscheinlich einhergehenden Steigerung der Conversion-Rate). Und dieses bessere Nutzerverhalten kann sich dann wiederum positiv aufs Google-Ranking auswirken.
Problem: Verschlüsselung technisch aufwändig
Allerdings berichteten uns Webmaster von Ranking- und Traffic-Verlusten nach einer Umstellung auf Verschlüsselung. Ein Umstand, der bisher wahrscheinlich viele zusätzlich eher abgeschreckt hat, den Aufwand anzugehen, die eigene Seite auf HTTPS umzustellen.
Schließlich ist diese Migration von HTTP zu HTTPS auch – alleine schon hinsichtlich einer sauberen Weiterleitung jeder einzelnen URL – mit einer Menge Arbeit verbunden. Google hatte im August 2014 angekündigt, den Webmastern ausreichend Zeit geben zu wollen, um eine Migration durchführen zu können.
Fazit: Verschlüsselung überdenken
- Google hat im August 2014 bekanntgegeben, dass die HTTPS-Verschlüsselung von Webseiten ein Ranking-Signal ist – zu Beginn mit leichtem Impact. Aber Google kündigte auch an, zu gegebener Zeit erneut darüber zu entscheiden, ob die Verschlüsselung möglicherweise stärker ins Ranking einfließt. Offiziell will Google die Web-Sicherheit erhöhen.
- Mittlerweile ist der Unterschied in der SEO Visibility von HTTPS-Webseiten gegenüber unverschlüsselten Seiten statistisch signifikant.
- Bei Webseiten mit bereits entsprechender Visibility kann sich eine Verschlüsselung positiv auswirken. Ein Anstieg der SEO Visibility um einige Prozentpunkte ist möglich, aber nicht garantiert.
- Vor allem für Brands & transaktionslastigen Branchen könnte eine Migration zur HTTPS-Webseite sinnvoll sein. Neben einem möglichen Gewinn an SEO Visibility ist die HTTPS-Verschlüsselung ein Trust-Signal für User – und damit auch für Suchmaschinen. Die grüne URL-Browserzeile schafft Vertrauen und kann mit sinkender Absprung- und steigender Conversion-Rate einhergehen.
- Einige Webmaster, die bereits migriert sind, berichteten über Ranking- und Traffic-Verluste. Die Implementierung ist technisch anspruchsvoll, es gibt viele Dinge, die beim Wechsel von HTTP auf HTTPS zu beachten sind. Deshalb hat Google nach eigener Aussage den Webmastern Zeit eingeräumt und die Verschlüsselung zunächst nur als leichtes Ranking-Signal implementiert.