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Experten-Interview mit Marcel Prothmann: EU vs Google Shopping

In unserer neuen Studienreihe zur Untersuchung bestimmter Integrationen in den Google-Suchergebnissen beschäftigen wir uns im ersten Teil kritisch mit dem Thema “Google Shopping”. Da dies ein momentan heiß diskutiertes Thema ist, haben wir in dem Fall anhand unserer Daten untersucht, inwieweit die Aussagen der Europäischen Kommission im sogenannten “EU vs Google Antitrust-Verfahren” zutreffen und Google seinen eigenen Service zulasten der Mitbewerber bevorteilt – oder eben nicht. Im folgenden Interview mit Spezialist Marcel Prothman von Peak Ace nehmen wir die Ergebnisse unserer Untersuchung und den Service genauer unter die Lupe.

Google Shopping Interview Marcel Prothmann

Bevorteilt Google seine eigenen Services und benachteiligt dadurch direkte Wettbewerber in der organischen Suche? So lautet zumindest der Vorwurf der EU, die den Konzern im Juni 2017 zu einer Rekord-Wettbewerbsstrafe von 2,42 Milliarden Euro verurteilt hat. Mittlerweile hat Google ein Entgegenkommen signalisiert. Die weiteren Entwicklungen bleiben abzuwarten.

Der Frage, inwieweit die Vorwürfe der EU zustimmen, haben wir anhand unserer Daten, die uns in der Historie einen Rückblick um 5 Jahre erlauben, für Deutschland, Frankreich und UK analysiert und die Ergebnisse in einer  Studie – die wir im vorliegenden Fall aufgrund der Aktualität für den kompletten europäischen Raum auf Englisch verfasst haben – ausgewertet (Teaser: Es ist nicht alles so eindeutig, wie es zunächst aussieht – bzw. von einigen interpretiert wird):

Google Shopping Studie herunterladen

 

Zur aktuellen Lage – und zur Einordnung unserer Ergebnisse – haben wir mit dem SEA-Experten Marcel Prothmann,  Director Performance Advertising von Peak Ace, gesprochen.

Daniel Furch, Searchmetrics:
Wie bewertest Du die bisherige Entwicklung von Google Shopping oder: Haben alle immer gedacht, dass es kostenlos bleibt?

Beitrag bearbeiten ‹ — WordPressMarcel Prothmann, Peak Ace:
Google Shopping hat sich innerhalb weniger Jahre zum heiligen Grahl im E-Commerce für Google selbst entwickelt. Für Google sind auch heute immer noch 15 Prozent aller Suchen neu (Quelle).
Somit ist und war es für Werbetreibende immer schwer, alle möglichen Suchanfragen einzubuchen. Google steuerte diesem Longtail-Problem schon früh entgegen – beispielsweise mit Optionen wie Broadmatch, bei dem weitere Synonyme und Akronyme von Google eingebucht wurden.

Die Tatsache allerdings, dass Google auf Basis eines Produktfeeds im Rahmen Shopping komplett selbst entscheiden kann, welche Anzeigen bzw. Produkte bei welcher Suchanfrage ausgespielt werden, ermöglicht es Google, das Longtail-Problem sehr elegant zu lösen. Da Google als Profit-Center von Alphabet aber weiterhin gute Zahlen liefern muss, bleibt es nicht aus, dass sie die Werbetreibenden entsprechend zur Kasse bitten. Gerade in Zeiten, in denen das Klickwachstum schwächelt und die Marktdurchdringung in einigen Ländern bröckelt. Ganz zu schweigen vom immer größer werdenden Anteil von Facebook am Werbemarkt. Wer also davon überzeugt war, dass Google Shopping kostenfrei bleibt, handelt einerseits sehr gutgläubig und beachtet die Gesetze der Marktwirtschaft andererseits nicht.

Daniel:
Kennst / Berätst du Preisvergleichsseiten, die unter den PLAs gelitten haben?

Marcel:
Ich habe vor ein paar Jahren einen großen deutschen Preisvergleicher beraten, der seinen Weg in die bezahlte Suche optimieren wollte. Gerade dieser hat natürlich massiv gelitten und sich schlussendlich auch an der Klage gegen Google beteiligt.

Daniel:
Hast Du – entweder in der Studie oder aus anderen Quellen (Kunden, eigene Analysen, etc.) – Daten/
Fakten gesehen, die die Vorwürfe der EU an Google teilweise oder sogar ganz bestätigen – oder widerlegen?

Marcel:
Hierzu möchte ich mich nicht äußern, da ich hiermit Bezug auf Kundendaten nehmen würde, bei denen ich unter einer NDA stehe. Noch maße ich mir kein rechtliches Urteil an. Das überlasse ich mal den Anwälten und Richtern vorm Europäischen Gerichtshof.

Daniel:
Inwiefern hat der Rollout der bezahlten PLAs die Strategien im eCommerce verändert?

Marcel:
Es gab einen sehr großen Budget-Shift von non-brand Textanzeigen zu Google Shopping von teilweise 50-60 Prozent. Entsprechende Gewichtung hat dieser Kanal auch bei E-Commerce Händlern. Zudem ist seitdem das Thema Automatisierung und Feedoptimierung ein wichtiger Punkt geworden. Neben dem Problem, dass Shopping Ads dem Nutzer weniger Kontrolle geben als herkömmliche Textanzeigen, müssen sich die Händler jetzt auch noch mit dem Thema Datenfeed auseinandersetzen. Das hat dazu geführt, dass Anbieter von Tools wie Productsup oder Channable immer besser und essenzieller geworden sind.

Weiterhin muss beachtet werden, dass Shopping in vielen Fällen als einleitender Kanal einer Customer Journey zu betrachten ist. Das führt dazu, dass sich die Händler auch um das Thema Attribution immer mehr Gedanken machen mussten, um den Revenue Share dieses Kanals bewerten zu können. Richtig attribuiert denke ich, dass dieser hier je nach Branche schon zwischen 35-60 Prozent liegen kann.

Daniel:
Wie haben sich die PLA-Klickpreise entwickelt?

Marcel:
Wir haben über die letzten Monate keine signifikanten Änderungen der Klickpreise feststellen können. Verglichen aber mit dem Start von Google Shopping haben sich die Klickpreise der PLAs immer weiter denen der non-brand Suche angeglichen. Trotzdem sehen wir hier aktuell noch immer geringere Klickpreise als in der restlichen Suche.

Daniel:
Welchen Stellenwert dürfte Shopping – von den Einnahmen her – für Google selbst haben?

Marcel:
In Anbetracht zurückgehender Suchanfragen und stagnierender bzw. sogar teilweise rückläufiger CPCs war Shopping sicherlich für Google ein smarter Move, um den vorhandenen Traffic in den SERPs auf zusätzlichen Google Real Estate umzuleiten. Dies kann sicherlich belegt werden, indem man sich mal den US non-brand Shopping Share von mittlerweile 75 Prozent oder aber einfach mal die Finanzzahlen von Google aus dem Q-Earning Call anschaut. Es ist immer wieder beeindruckend, wie der Gewinn im Adwords doch noch gesteigert werden kann obwohl CPCs und Suchanfragen sinken.

Daniel:
Wie schätzt du die Zukunftsperspektive für Comparison-Websites im Traffic-Kanal Search ein?

Marcel:
Google ist ganz klar der Meinung, dass sie das „besser“ bzw. selbst können. Was absurd ist, da Shopping noch nicht mal ein echter Preisvergleich ist, weil hier nicht der günstigste im Zweifelsfalle oben stehen muss, sondern viel mehr der, der mehr zahlt. Dennoch funktionieren diese Produkte für Google und wohl auch die Suchenden ganz gut. Daher werden wir sicherlich sehr bald noch viel mehr feedgetriebene „vergleichende“ Produkte von Google sehen. Man sollte in den nächsten Monaten sicherlich die Produkte Google Flights, Google Hotels und Google Local Ads mal genauer im Auge behalten.

Daniel:
Wie wird Google das Shopping-Modell voraussichtlich in der Zukunft verändern?

Marcel:
Google baut aktuell die Möglichkeiten der Ausspielung ihrer PLAs stark aus. Neben der Google Bildersuche findet man PLAs aktuell auch in YouTube Videos. Zusätzlich experimentiert Google bereits damit, den Kaufprozess komplett autark abzubilden, d.h. der Nutzer kann über Google eigene Bezahlsysteme und die Google Wallet Produkte direkt auf Google eigenen Landingpages kaufen und muss Google somit nicht mehr verlassen. Googles größter Konkurrent im E-Commerce ist Amazon. Meiner Ansicht nach wird Google hier noch sehr viele Neuerungen zeigen und sich in diesem Segment analog zu einem Marktplatz entwickeln.

Daniel:
Siehst Du Unterschiede für Mobile? Ist der eventuelle Einfluss hier größer/geringer?

Marcel:
Für Mobile gibt es ganz klare Unterschiede, schon allein in der Darstellung der Suchergebnisse. Nach den Shopping Ads sieht man die 1. Position bei den Text Ads nur noch teilweise. Hier ist PLA ein extrem wichtiger Faktor für die Reichweite. Weiterhin forciert Google aktuell aus meiner Sicht das Problem mit dem Mobile Switch. Das Suchverhalten hat sich stark geändert in den letzten Jahren und mobile Geräte werden immer wichtiger. Dennoch wird über Mobilgeräte noch nicht so viel gekauft wie über Desktop. Entsprechend investiert Google gerade viel, um Themen wie Geschwindigkeit und UX Design bei Werbetreibenden auf die Agenda zu bringen. Dass Google kostenfreie Audits hinsichtlich mobiler Webseiten gibt, spricht schon Bände.
Außerdem darf man das Thema Voice Search und Assistenten nicht vergessen. Auch hier haben wir einige wichtige Faktoren, die das Thema pushen.

Daniel:
Siehst Du ähnliche Verfahren wie jetzt in Shopping in anderen Branchen kommen – etwa bei Travel, wo Google seine Flights- und Hotelangebote integriert hat?

Marcel:
Google hat nach meiner Meinung ein klares Ziel: Die Suche nach Informationen jedweder Art innerhalb ihres Kosmos abzubilden. Dazu gehört es natürlich auch, alle Möglichkeiten abzudecken und die Nutzer hinsichtlich aller monetarisierbaren Wünsche zu unterstützen. Ganz gleich, ob es sich dabei um Reisen oder Versicherungen handelt. Ich bin mir sicher, dass Google für alle relevanten Nischen eigene Produkte entwickeln und launchen wird. Es wird sicherlich immer Themen geben, in denen Google nicht so einfach international skalieren kann (und nur dann macht es für Google Sinn) wie z.B. Kfz-Versicherung. Dies funktioniert in den einzelnen Märkten viel zu unterschiedlich. Reisen bzw. Flüge buchen wir aber z.B. alle fast gleich online ?
Ob die neuen Produkte in Zukunft weiterhin anlog zu Google Shopping auf den Markt kommen, bleibt abzuwarten. Immerhin wird auch ein Unternehmen wie Google bei den gerade verhängten Strafen aufpassen müssen.

 

Danke für das Interview, Marcel! Wer mehr über Daten zu unserer Shopping-Studie (Englisch) erfahren möchte:

Google Shopping Studie herunterladen