Der Relaunch einer Website oder eine umfangreiche Content-Migration ist immer komplex und mit vielen SEO-Risiken verbunden. Fehler können zu erheblichen Performance- und Ranking-Verlusten führen. Ein gutes Beispiel dieser Problematik stellt die Domain des Weißen Hauses dar. Wenn es das Ziel der Trump-Administration war, whitehouse.gov nach Obama “wieder großartig” zu machen, zeigt unsere Analyse, wie eindrucksvoll dieses Ziel verfehlt wurde.
Kein reibungsloser Umzug ins Weiße Haus
Im Zuge der Inauguration von Donald J. Trump am 20. Januar wurde durch die neue Administration – wie üblich – die Agenda des vorigen Amtsinhabers auf der offiziellen Homepage des Weiße Hauses mit der des neuen Präsidenten ersetzt. Leider ist in diesem Fall einiges übersehen worden. Der starke Absturz der Website-Performance, hier deutlich am Einbruch der SEO Visibility zu erkennen, lässt auf einige Probleme beim Relaunch bzw. bei der Umstellung der Seite schließen.
Vor dem Neustart stand die SEO Visibility der Website bei 202.731. In der ersten Woche nach Archivierung der alten Website unter obamawhitehouse.archives.gov fiel die Visibility um 24 Prozentpunkte auf 153.872. Nach einem Monat lag sie bereits 31% unter dem ursprünglichen Niveau bei 139.779 Punkten. Ein Teil der SEO Visibility wurde zwar auf die archivierte Seite übertragen, aber diese performt lediglich in Höhe einer SEO Visibility, die 2% des Gesamtverlustes ausmacht.
Finde die Fehler
Nach der Migration wurden nur 51% der ursprünglichen URLs bei whitehouse.gov korrekt dargestellt (2% der Seiten) oder auf relevante Landingpages weitergeleitet (49%). Die restlichen 49% der Seiten wurden nicht weitergeleitet und führen zum Fehler.
Rankings futsch
Vor der Migration genoss whitehouse.gov gute Rankings für viele Keywords mit hohem Suchvolumen. Nach dem Relaunch gingen die Rankings für viele Begriffe gänzlich verloren.
Die Rankings für einige Begriffe, wie die Namen ehemaliger Präsidenten, erholten sich schnell wieder. Für andere, z. B. „net neutrality“ (Netzneutralität), hat sich die Website bis heute nicht erholt. Eigentlich erstaunlich, da das Thema wieder auf der Tagesordnung ist; schließlich hat Trump sich mit Ajit Pai einen erklärten Gegner der Netzneutralität als Chef der Technik-Regulierungsbehörde FCC geholt. Dagegen hat sich whitehouse.gov für Begriffe wie „budget“ (Haushalt) in Sachen Rankings teilweise wieder verbessert.
Reputation im Keller
Zusätzlich zu den verlorenen Rankings verursachten technische Fehler große PR-Probleme. Einige Seiten, die Content zu wichtigen Themen der Obama-Administration beinhalteten, wurden nicht in den Migrationsprozess aufgenommen. Anstatt valider Seiten werden jetzt Fehlermeldungen „Seite nicht gefunden“ angezeigt. Die Folge: Verwunderung und ein “Quasi-Shitstorm” in den sozialen Medien und bei anderen News-Seiten:
Aller schlechten Dinge sind drei
Drei Fehler trugen hauptsächlich zum SEO-Visibility-Verlust bei:
- schlechtes Subdomain-Management
- Änderung der Seitenstruktur
- Vernachlässigung der notwendigen Weiterleitungen
Schlechtes Subdomain-Management
Unter der vorigen Administration hatte whitehouse.gov drei Subdomains: www, letsmove und petitions.
Beim Relaunch wurde der DNS-Record der letsmove-Subdomain gelöscht. Die komplette Subdomain und alle dazugehörigen Seiten und Inhalte wurden entfernt. Dadurch gingen Traffic und SEO-Autorität verloren. Alle letsmove-Seiten erscheinen jetzt als „Server nicht gefunden“ (not available).
Auch wenn die petitions-Subdomain weniger als 1% des Traffic auf whitehouse.gov darstellt, ist sie trotzdem wertvoll, weil sie permanent mit frischen Inhalten aktualisiert wird – ein wichtiger Faktor für Suchmaschinenrankings. Leider sind nur noch die Navigationsseiten dieser Subdomain für Suchmaschinen zugänglich. Die einzelnen Landingpages der Petitionen wurden vom Crawaling in der robots.txt-Datei ausgeschlossen.
Weil diese Seiten also von Crawlern nicht erfasst werden können/sollen, erscheinen sie auch nicht in den Suchergebnissen; entsprechend können Nutzer diese Pages auch nicht finden.
Strukturelle Änderungen
Die vorgenommenen strukturellen Änderungen in der Seite gingen mit einer Änderung der internen Linkstruktur einher. Diese neue Linkstruktur verändert die Art und Weise, wie Inhalte von Nutzern und Suchmaschinen erreicht werden und wie der Link Juice durch die Website fließt. Alle ursprünglich verlinkten Kategorie-Seiten auf der ersten Ebene wurden aus der Header-Navigation entfernt. Diese Links führen jetzt zu einer Seite innerhalb der jeweiligen Kategorie.
Die Autorität, die sich diese Kategorie-Seiten verdient hatten, ist dadurch verschwunden. Im Gegenzug erhalten die URLs, auf die jetzt direkt verlinkt wird, unverhältnismäßig viel Autorität.
Fehlende Weiterleitungsstrategie
Content von Subdomains zu verschieben und eine neue Seitenstruktur einzurichten, ist nicht unbedingt schlecht. Diese Maßnahmen müssen jedoch durch eine solide Weiterleitungsstrategie gesteuert werden. Es war vor allem die Vernachlässigung bei der Behandlung von Weiterleitungen (bzw. deren Weglassen), die sich negativ auf die Performance der Website des Weißen Hauses auswirkte.
Es ist aber nicht zu spät
Um etwas von der verlorenen SEO-Autorität wiederzuerlangen, müssten die Webmaster
- eine Bestandsaufnahme aktueller Seiten und Rankings durchführen,
- Content-Lücken erkennen und schließen sowie
- Weiterleitungen einrichten.
Bestandsaufnahme zur Lage der Domain
Zunächst würde ein vollständiger Crawl sowohl der aktuellen als auch der archivierten Domain helfen, alle Seiten beider Websites zu identifizieren.
Im Optimalfall werden auch Benchmark-Daten gesammelt, wie etwa Traffic und Rankingdaten für bestimmte Keywords und URLs. Per Software können auch diese Daten wieder aufgerufen werden. Diese Benchmark-Daten ermöglichen den Vergleich zwischen der Seiten-Performance vor der Migration und der aktuellen Performance.
Content-Lücken – wo fehlt es an Inhalten?
Die gecrawlten URLs und Ranking-Daten beider Websites sollen analysiert werden, um hoch performende Seiten der alten Domain zu erkennen, die auf der neuen Website keine entsprechende URL haben.
Danach soll das Team überlegen, ob es sinnvoll wäre, neue Landingpages zu bauen, um die inhaltlichen Lücken zu schließen, oder ob relevante Weiterleitungen eingerichtet werden können.
Landingpages zu Themen, nach denen viele Leute suchen, wären auf jeden Fall eine gute Idee. Selbst wenn diese Themen für die Trump-Administration keine hohe politische Priorität haben, soll man sie nicht einfach offline schalten. Schließlich können hierbei Gegenargumente vorgebracht werden, mit denen die Trump-Administration unter Umständen sogar für die Themen der Konkurrenz ranken könnte. Aus einer technischen SEO-Perspektive haben diese Seiten Autorität aufgebaut, die zurückerlangt werden kann, um die Gesamt-Performance der Seite zu verbessern.
Es muss weitergeleitet werden
Eine umfassende URL-Map soll jede Seite der ehemaligen Website sowie ihre entsprechende Seite auf der neuen Website beinhalten. Weiterleitungen müssen für alle URLs eingerichtet werden, die nicht 1:1 identisch geblieben sind. Dies stellt sicher, dass Nutzer, die alte Seiten besuchen, auf neue, relevante Seiten weitergeleitet werden. Die SEO-Autorität alter URLs wird auch an die neuen Landingpages weitergegeben.
Außerdem soll die letsmove-Subdomain reaktiviert werden. Hier braucht es aber keine Inhalte – ein einfacher Skript im Root-Ordner reicht, um die Weiterleitungen zu regeln.
Nur Seiten, die einfach nicht weitergeleitet werden können, weil weder eine adäquate andere URL mit themenrelevanten Inhalten existiert, noch die Möglichkeit besteht, neuen relevanten Inhalt für das Thema zu erstellen, sollten tatsächlich den Statuscode 410 bekommen.
Fazit: Bessere Vorbereitung verhindert Verluste
Website-Relaunches und Migrationen von Content bedürfen einer gut durchdachten Strategie, denn sie können großen Einfluss auf die Performance der Website haben. Wer seinen Umzug nicht ausreichend plant, der wird mit großen Verlusten in der SEO Visibility konfrontiert.
Diese führen zu weniger Traffic, weniger Conversions und möglicherweise öffentlicher Empörung, wenn wichtige Inhalte verschwinden oder nicht mehr gefunden werden können. Auch für Brands können solche Fehler schwerwiegende Folgen für die Online Reputation haben.