Machen deutsche Parteien außer Politik eigentlich auch Suchmaschinenoptimierung? Oder ist SEO ein Fremdwort für die Domains der größeren politischen Organisationen in der Bundesrepublik? Für welche Keywords ranken CDU, SPD, Grüne, FDP & Co bei Google – und wer macht im Internet die beste Figur?
Angesichts der Tatsache, dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel das Internet vor Kurzem noch als „Neuland“ betitelt hat, haben wir uns – wie übrigens schon zur Bundestagswahl 2009 hier und hier – wieder einmal die Frage gestellt, wie es eigentlich um die Online-Performance der deutschen Parteien bestellt ist.
Parteien-Politik im Internet, Google und Suchmaschinenoptimierung
In den letzten Jahren hat sich ein Großteil der öffentlichen Debatten politischer Natur ins WorldWideWeb verlagert. Längst wird über Facebook oder Google+ diskutiert, über Twitter verbreiten sich selbst außenpolitsche Nachrichten rasend schnell und Youtube liefert die dazugehörigen Video-Inhalte. Nicht zuletzt verdanken einige bekannte Politiker engagierten Wiki-Crowds die Verkürzung ihres Titels – und die NSA liest fleißig mit.
Doch was bieten die Parteien selbst dem Internet-Nutzer an? Schließlich informiert sich der Wähler im Jahr 2013 weniger auf der Straße als vielmehr im Netz. Genauer: Bei Google. Manche mögen sich wohl vom Wahl-O-Mat die Stelle für das Kreuz auf dem Wahlzettel diktieren lassen, doch für die Parteien stellt das Internet natürlich ebenfalls eine hervorragende Plattform für die Platzierung ihrer Inhalte dar.
Doch dazu reicht es schon lange nicht mehr aus, eine „schöne“ Internetseite zu haben. Schließlich bewertet Google Webseiten nicht (nur) nach deren Erscheinung, sondern nach vielen zunehmend komplexer werdenden Parametern (die gern auch als Ranking-Faktoren bezeichnet werden), auf Grundlage derer die Suchmaschine schließlich (hauptsächlich) die Position dieser Seiten in den Google-Suchergebnisseiten berechnet – die angesichts der Tatsache, dass jene Webseiten auf oberen Positionen deutlich mehr Traffic (sprich: Besucher) generieren als weiter unten platzierte, ein immens einflussreiches Kriterium in Bezug auf die Relevanz und Reichweite von Inhalten im Netz darstellt.
Die Parteien und deren Domains im Netz
Um also die (natürlich unmittelbar von Google und mittelbar auch von Usern bewertete) Relevanz und vor allem die Reichweite von Inhalten der einzelnen Parteien über Google im Internet darzustellen, haben wir uns die Haupt-Domains der größeren deutschen Organisationen einmal angeschaut und auf einige KPIs hin analysiert. Dabei mussten wir die Auswahl natürlich einschränken. Hier zunächst eine Übersicht der untersuchten Seiten:
• CDU: cdu.de
• SPD: spd.de
• Grüne: gruene.de
• FDP: fdp.de
• Die Linke: die-linke.de
• Piratenpartei: piratenpartei.de
SEO- und Social Visibility der deutschen Parteien bei Google.de
Werfen wir zunächst einen Blick auf die Haupt-Kennzahlen im SEO- sowie im Social-Bereich. Nutzer unserer Software – der Searchmetrics Suite und den Essentials – und auch Leser unserer wissenschaftlichen Studien wissen, dass sich die von uns verwendeten Visibility-Werte von Internet-Seiten aus mehreren KPIs (u.a. Anzahl der organischen Keywords im Index, Ranking-Positionen, (geschätzter) Traffic , Suchvolumen, etc.) berechnen und als quasi-holistische Kennzahl die Bewertung und den Vergleich von Domains und deren Google-Performance ermöglichen, beziehungsweise diese erleichtern.
Auf den ersten Blick ist an der SEO Visibility zu erkennen, dass nahezu alle verglichenen Parteien ziemlich dicht beieinander liegen, während die Piratenpartei die Nase hier sehr weit vorn hat – zunächst nicht sehr verwunderlich, schließlich sind die Piraten geprägt von jungen, netzaffinen Politikern und quasi DIE Netzpartei.
Auch in Bezug auf die Anzahl der organischen Keywords – sprich: die Menge an Schlagworten (die User in den Google-Suchschlitz eingeben) zu denen Ergebnisse der jeweiligen Domain in den Suchergebnisseiten erscheinen – liegt die Piratenpartei deutlich vor allen anderen. Mit anderen Worten: Die Piraten scheinen sehr viel mehr Inhalte im Netz zu haben als die Domains der Konkurrenzparteien – zumindest indexierte.
Doch nun folgt das Entscheidende: Nämlich die(durchschnittliche) Position von indexierten Keywords – von der, wie erwähnt, der Besucherstrom auf die Seite über Google sehr stark abhängig ist. Und hier erkennen wir, dass die Piraten diesebzüglich (knapp) am schlechtesten abschneiden.
Dies ist zwar zu relativieren durch die Tatsache, dass die schiere Masse an Keywords für welche die Piratenpartei rankt, diesen Wert nach unten zieht – ist (wahrscheinlich) aber auch ein Anzeichen dafür, dass die Seiten anderer Parteien im Vergleich etwas mehr „Trust“ – zum Beispiel mehr Backlinks von starken Seiten – zu haben scheinen. Die SEO-Optimierung der Seiten selbst soll jedoch nicht Thema dieses Artikels sein.
Schaut man sich den (geschätzten) Traffic an, ist zu erkennen, dass die Piraten auch hier ganz oben mitspielen (logisch: dieser Wert summiert sich ja auch aus der Masse an Keywords) – klar vorn liegen hier jedoch überraschenderweise – trotz weniger Keywords im Index – die Grünen. Sie scheinen also – zumindest in Bezig auf Google – die meisten Besucher auf ihre Internetpräsenz zu ziehen.
Social-Media-Performance der Parteien im Bundestag
Unabhängig von Google ist natürlich auch die Präsenz in den sozialen Medien für Parteien mittlerweile ein wichtiges Kriterium. Das Volk tummelt sich schließlich bei Facebook, Google+, Twitter & Co.
Dazu haben wir analysiert, wie oft URLs von Partei-Domains in den gängigen sozialen Medien geteilt, geliked, getwittert (etc.) werden und dies in der oben stehenden Tabelle aufgelistet. In der Gesamtberechnung hat die Domain der CDU mit deutlichem Abstand die größte Reichweite im Social-Media-Bereich. Auf den Plätzen folgen die Piraten, und erneut die Grünen.
Interessant hierbei ist auch die Verteilung der Reichweite innerhalb der unterschiedlichen Portale, die in Abhängigkeit der Parteien deutlich variiert. So scheinen CDU-Anhänger vermehrt bei Google+ aktiv zu sein, während die SPD beispielsweise die deutlichen meisten Signale über Facebook erhält.
Keywords und Inhalte der Parteien-Domains
Nach dem ganzen Bla-Bla kommen wir doch nun endlich einmal zu den Inhalten (fast wie in der Politik…). Im Folgenden dargestellt sind jeweils die zehn am besten bei Google platzierten Keywords pro Parteien-Domain:
Es zeigt sich, dass die Parteien hauptsächlich zu parteispezifischen, beziehungsweise parteinahen Inhalten oder eben bekannten Politikern Top-Rankings erzielen.
Ein Blick auf die zehn Keywords, die (geschätzt) den meisten Traffic über Google für die Seiten generieren, zeigt – mit wenigen Ausnahmen – ein ähnliches Bild:
Das hat uns interessiert und zu einer tiefergehenden Analyse inspiriert. Schließlich wäre es doch interessant zu wissen, wer für Keywords wie „Steuern“, „Arbeitslosigkeit“ oder gar „Syrien“ vorne rankt.
Dazu haben wir uns alle Rankings aller untersuchten Domains aus den Top 20 genommen und manuell „inhaltsbeladene“ Keywords herausgefiltert. Das sieht dann so aus:
Insgesamt ist festzuhalten, dass die Parteien eher selten zu generischen, sprich: unspezifischeren, Keywords ranken. Dennoch gibt die oben stehende Übersicht einen recht guten Einblick in die inhaltliche Performance der Parteien beim Suchmaschinen-Giganten Google.
Interessante Entdeckung am Rande: So sehr die Meinungen von Politikern und Parteien in Bezug auf manche Themen auch divergieren – und gerade im Wahlkampf demzufolge Diskussionen, Debatten und Konkurrenz hervorrufen, so (vergleichsweise) gering ist diese Konkurrenzbasis im Internet ausgeprägt. Und auch wenn sich manche Parteien inhaltlich sehr nahe stehen, existieren online wenig Überschneidungen.
Konkurrenzfelder der Parteien? Fehlanzeige!
Schaut man sich nämlich die gemeinsamen Keywords der Parteien einmal genauer an – an denen ja eben solche Konkurrenzdebatten einerseits, und inhaltliche Überschneidungen andererseits – abzulesen sein sollten, so kommt man angesichts der Anzahl der organischen Keywords im Index (siehe oben) auf erstaunlich geringe Werte.
Die gemeinsamen Keywords zweier verschiedener Partei-Domains beschränken sich durchschnittlich auf ca. 20 bis 50 Keywords pro Vergleich. Anders ausgedrückt: Es existieren vergleichsweise wenige Keywords, für die bei Google die URLs zweier – oder gar mehrerer – Parteien gleichzeitig angezeigt werden. So ranken beispielsweise für „Innenpolitik“ die Grünen (21), die FDP (17) und die Piraten (19) und für „Rente“ nur die SPD (11) und die Grünen (35). Die CDU rankt ohne Konkurrenz für „Wohlstand“ (37), während die SPD (47), die Linke (48) und auch die Piraten für „soziale Gerechtigkeit“ indexiert sind.
Das ist doch mal ein interessantes Ergebnis, oder? Wenige Übereinstimmungen, recht rudimentäres SEO – und kein klarer Sieger. Angemerkt sei natürlich, dass sich diese Analyse auf die Haupt-Parteidomains beschränkt. Interessante Info am Rande: Nur die SPD schaltet Anzeigen.
Wie immer freue ich mich über eine rege Diskussion in den Kommentaren! Und zum Schluss ein Aufruf an alle: Am Sonntag nicht nur im Netz URLs bei Google anklicken, sondern: Wählen gehen!