Das ist das ständige Dilemma des digitalen Marketingfachmanns: Ist es verschwenderisch ‒ oder doch vielmehr unentbehrlich ‒ diese zusätzlichen Werbeausgaben zu tätigen? Sollte man gleichzeitig organische und bezahlte Kampagnen schalten? Können SEO (Suchmaschinenoptimierung) und PPC (Klickvergütung ‒ Pay-Per-Click) symbiotisch und ergänzend wirken?
Google sagt ganz entschieden „JA!“. Die Logik, die dahinter steckt, ist natürlich, dass man mit dieser Strategie alle Optionen nutzt und maximal sichtbar ist. Google hat dazu sogar eine Studie durchgeführt. Wir haben jedoch unsere eigenen Nachforschungen angestellt. Lasst uns einen genaueren Blick darauf werfen…
Der Google-Standpunkt
Also, auf welchen Daten beruht der Standpunkt von Google? 33 % des Anteils an möglichen Wirkungen (impression share) gehen an den ersten organischen Platz, der zweite Platz bekommt immerhin noch satte 18 %, der dritte etwa 12 %, und alle anderen, entsprechend ihrer Position, deutlich weniger. Interessanterweise ist bei der Studie über die direkte Auswirkung der organischen Rangliste auf die Werbeklickrate 2011 herausgekommen, dass ganze 89 % der Besuche einer Webseite eines Werbetreibenden automatisch die Klicks auf organische Suchergebnisse steigerten. Anders gesagt, die Besuche hätten ohne die Werbekampagnen nicht stattgefunden.
Das Jellyfish-Experiment
Wenn wir irgendeine Marke nehmen: ein führendes, allgemein bekanntes Produkt, unter den Top 5 seines Sektors, Marktführer in Bezug auf seine Produktpalette und Vielseitigkeit im Service.
Auswertung vorhandener Daten: 80 % aller Geschäftsabschlüsse, die aus PPC folgen (PPC-Konvertierungen), werden derzeit über die Marke erzeugt.
Annahme: Konkurrenten werben einen gewissen Prozentsatz des Onlineverkehrs und der Konvertierungen ab. Gemäß der Hypothese von Google sollte der Kunde jedoch mindestens 50 %, vielleicht sogar mehr an Klicks und Konvertierungen behalten ‒ aufgrund der Markentreue und der Macht der Domain. Browser würden zudem automatisch die Webseite der Marke als offensichtlichen Klickpfad angeben.
Die Ergebnisse:
PPC-Zahlen
Bei abgeschaltetem Werbebudget konnten wir wie erwartet in der Testwoche eine Abnahme der Kundenkontakte von 68 % und einen ähnlichen Abfall des Umsatzes um 61 % feststellen.
SEO-Zahlen
Was wir nicht erwartet hatten, war ein derart schwacher Aufschwung der SEO-Aktivität. Es war mit 4 % zwar ein leichter Aufwärtstrend bei den Umsätzen zu verzeichnen, die Kundenkontakte blieben aber schwach.
Konkret gesagt: 574 Kundenkontakte und 332 Verkaufsabschlüsse gingen durch das Abschalten der PPC Werbung verloren, während in der Testwoche lediglich sechs Kundenkontakte und 45 Verkaufsabschlüsse durch die organischen Ergebnisse gewonnen wurden. Also ein klares Anzeichen dafür, dass die wegfallenden PPC-Abschlüsse keineswegs durch SEO-Konvertierungen wieder hereingeholt werden konnte. Die PPC Kampagne wurde daraufhin schleunigst wieder freigeschaltet.
Die überraschende Wende:
PPC-Zahlen
Sobald die PPC Kampagne am Freitagmittag wieder freigeschaltet wurde, konnte der Kunde augenblicklich einen Aufwärtstrend in Kundenkontakten und Umsatz feststellen. Die Zahlen blieben jedoch hinter denen der Vorwoche zurück.
Der Grund für die langsame Erfolgsrückkehr war Latenz. Da Jellyfish die Ausgaben für die Marke für vier Tage ausgesetzt hatte, brauchte es eine gewisse Zeit, bis die latenten Kundenkontakte und Umsätze wieder aufgeholt hatten.
SEO Zahlen
Die drastischsten Ergebnisse traten für die durch SEO erzielten Kundenkontakte und Umsätze auf, nachdem die PPC Kampagne wieder freigeschaltet wurde.
Nicht nur der SEO-Verkehr ist noch im selben Augenblick wieder angestiegen: der Anstieg hat sich auch auf alle Onlinekanäle ausgewirkt ‒ Affiliate, Display etc. Das Wiedereinschalten der PPC Werbung hat nachweislich die allgemeine Sichtbarkeit des Werbetreibenden insgesamt verbessert. Eindeutig ein Hinweis auf die übergreifende Wichtigkeit von PPC-Management.
Interessanter Nebenaspekt: Wir konnten eine erstaunliche Anomalie feststellen, als die PPC Kampagne abgestellt wurde: Die üblichen Wettbewerber-Anzeigen, die normalerweise entlang der rechten Seite der SERPS (Ergebnisseiten der Suchmaschine) erscheinen, verschwanden und kamen erst wieder, als wir wieder in den Wettbewerb eingestiegen sind… Google war ebenso erstaunt und schätzte, dass die Wettbewerber vielleicht keine ausreichenden Qualitätskriterien hätten, um aufgelistet zu werden (dem war nicht so, da sie wieder auftauchten, als wir erneut in den Wettbewerb eingestiegen sind!). Hmmm.
Also, zurück zu unserer Frage: Ist das Bewerben via AdWords den ganzen Aufwand wert? Die Jellyfish-Antwort: Sie ist 100 % unentbehrlich! Natürlich unterscheiden sich die verschiedenen Markenlandschaften voneinander, von daher ist es wichtig, die Nuancen der Auswirkung auf allen Kanälen zu testen. Wie wir bewiesen haben, können die Ergebnisse aber doch überraschend sein.
ÜBER DIE AUTOREN
Malachi Kelly ist PPC-Manager bei Jellyfish. Seine Hauptaufgabe besteht darin, den Internetverkehr entsprechend bestimmter ROI/CPA-Ziele zu lenken. Bianca Best ist Account Director bei Jellyfish. Sie ist für die strategische Umsetzung digitaler Marketingkampagnen für Großkunden wie die Berkeley Group und Pfizer zuständig.